World Series of Poker Tells: Wissen wann man folden muss

Die World Series of Poker ist in vollem Gange – aus diesem Grund schauen wir uns fünf Hände vergangener WSOP-Series an, bei denen die Spieler postflop deutlich zum Ausdruck gebracht haben, dass sie eine starke Hand halten.
Wenn wir uns Postflop-Szenarien anschauen, bei denen viele Chips gesetzt werden, bekommen wir die verlässlichsten Reads, wenn der Gegner eine starke Hand hält. Es ist eher unüblich, einen sicheren Read zu bekommen, dass ein Spieler mit einer großen Bet blufft.
Das ergibt Sinn, wenn Sie folgendes berücksichtigen:
- Spieler, die große Bets spielen, sind darauf bedacht, stoisch zu agieren und möglichst keine Tells preiszugeben. Zumindest versuchen die meisten Spieler, in solchen Spots so zu agieren. Daher ist es normalerweise recht schwierig, den stoischen Gleichmut eines bluffenden Spielers von seiner restlichen Haltung am Tisch zu unterscheiden.
- Entspannte Spieler tun allerdings manchmal seltsame Dinge – entweder, um den Gegner in einen schwierigen Spot zu bringen oder weil sie einfach nur entspannt sind und gerade Spaß haben. Und dieses ungewöhnliche Gebaren kann aufzeigen, dass sich ein Spieler seiner Sache sicher ist.
Behalten Sie bitte im Hinterkopf, dass die Beispiel-Hände weiter unten hauptsächlich bei großen Postflop-Bets von Bedeutung sind. Diese Aktionen können in anderen Situationen etwas völlig Anderes oder gar nichts bedeuten.
Chip-Flipping und unsicheres, nachdenkliches Verhalten
Diese Hand stammt aus dem Heads-Up des WSOP Main Events 2011. In diesem Video-Clip werden Sie sehen, dass Martin Staszko den Turn raist – er hatte mit ein Full House getroffen. Wir haben eine Reihe von Beobachtungen gemacht, die auf Stärke hindeuten:
- das lange zögernde, unsichere Verhalten vor seinem Raise
- wie er mit seinen Chips vor dem Raise umgeht
Als ich die Hand live und ohne Hole Cards gesehen habe, war ich mir bei diesem Verhalten sehr sicher, dass Staszko eine starke Hand hatte. Schauen wir uns die beiden Punkte genauer an:
Zögern/Unsicherheit vor der Bet
Nachdem Pius Heinz den Turn angespielt hat, wartet Staszko zunächst 25 Sekunden – erst dann nimmt er seine Chips in die Hand. Er zieht genug Chips für einen Call hervor, es hat also den Anschein, als würde er callen wollen. Allerdings unterbricht er plötzlich und schaut mehrmals zu Heinz, als würde er nachdenken. Daraufhin rafft er wieder seine Chips zusammen und zieht einen weiteren Chipstapel hervor. Und erst jetzt setzt er zum Raise an.
Spieler, die bluffen, wollen in der Regel ein Gefühl von Zuversicht ausstrahlen. Aus diesem Grund ist es unwahrscheinlich, dass sie lange Pausen einlegen werden, zögernd vorgehen oder ein unsicheres Verhalten an den Tag legen, bevor sie betten oder raisen. In diesem Fall würde Staszko Heinz bei einem Bluff nicht zeigen wollen, dass er erst callen wollte, es sich dann aber wieder anders überlegt hat. Staszkos Verhalten deutet darauf hin, dass er vermutlich entspannt ist – diese Annahme gründet in erster Linie darauf, dass ein solches Verhalten bei einem bluffenden Spieler ungewöhnlich wäre.
Chip-Flipping
Einzelne Chips immer wieder umzudrehen ist ein verspieltes Verhalten. Bei einer Bet zeigt es sehr verlässlich auf, dass der Spieler entspannt ist – noch viel eher sogar als beim üblichen Chip-Shufflen, das an den Tischen häufig zu sehen ist. In diesem Heads-Up hat Staszko eigentlich sehr stoisch agiert. Da er normalerweise eher zurückhaltend war, ist sein Chip-Flipping in Verbindung mit dem darauffolgenden Raise ein subtiler, aber glaubwürdiger Tell, dass er gerade ehrlich entspannt ist und eine starke Hand vor sich liegen hat.
Heinz entschied sich dazu, das Turn-Raise mit zu floaten – ja, mit Sieben hoch, ohne Draw.
Behaupten, eine schwache Hand zu haben, Blickkontakt, echtes Lächeln
Diese Hand stammt aus dem WSOP Main Event 2008. Gaetano Buda hat mit drei Verhaltensweisen aufgezeigt, dass er vermutlich eine starke Hand hält:
- zu sagen, dass er nicht
hat (die Nut-Straight)
- regelmäßig Blickkontakt mit seinem Gegner zu suchen
- sein ehrliches Lächeln
Schauen wir uns das Verhalten wieder im Detail an:
Vorgeben, eine schwache Hand zu haben
Bluffende Spieler hassen es, ihre Range zu schwächen. Wenn Buda eine starke Hand () aus seiner Range entfernt, ist es sehr wahrscheinlich, dass er eine starke Hand hält und deshalb allen Grund hat, entspannt zu sein. (Um mehr über diese Thema zu erfahren, lesen Sie diesen Artikel über William Kassoufs verbale Tells, die sich bei seinem Run im WSOP Main Event 2016 eingeschlichen haben.)
Blickkontakt
Auch wenn die Art und Dauer des Blickkontakts sehr unterschiedlich ausfallen kann, neigen Freizeitspieler dazu, den Blickkontakt eher zu halten, wenn sie eine starke Hand haben, und ihn zu meiden, wenn sie gerade bluffen. Ein unbeschwerter Blickkontakt, der immer wieder aufgenommen wird (wie bei Buda zu sehen) ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass ein Spieler sehr locker ist.
Ehrliches Lächeln
Das Thema Lächeln ist subjektiv und gerade bei einem angespannten oder kurzen Lächeln ist es schwierig, einen Read zu bekommen. Aber wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Gegner über das ganze Gesicht strahlt und sein Lächeln ernst gemeint ist, kann es eine starke Hand noch eine Spur wahrscheinlicher machen. Im Video-Clip wirkt Budas Lächeln sehr entspannt und locker – nichts deutet darauf hin, dass es aufgesetzt ist oder dass er sich unwohl fühlt.
Antonius machte gegen die Bet einen starken Fold.
Nach einer Bet aufstehen
Diese Hand stammt aus dem WSOP Main Event 2007. Philip Hilm legt hier gleich in zweierlei Hinsicht ein interessantes Verhalten an den Tag:
- dass er nach der Bet aufsteht
- ein unsicheres, nervöses Auftreten
Nach einem Shove aufstehen
Im Rahmen einer Studie, bei der ich mir die Hände von WSOP-Spielern angeschaut habe, die nach einer Bet aufgestanden sind, hat sich herausgestellt, dass sich dahinter fast immer eine starke Hand verbirgt. Das Verhalten weist auf Entspannung hin. Hilm ist nicht nur aufgestanden, sondern sogar herumgelaufen. Das Herumlaufen ist ein noch stärkeres Indiz, dass der betreffende Spieler locker ist.
Scheinbar unsicheres Verhalten
Nach seinem Shove verhielt sich Hilm sichtlich nervös. Als Scotty Nguyen ihm sagte, dass er aufhören kann, seine Chips zu zählen, zog er sich unbeholfen zurück und zappelte weiter herum. Den Kommentatoren fiel das Gebaren von Hilm ebenfalls auf: „Hilm gibt sich gerade so, als wenn er besorgt wäre“, sagte Norman Chad. Und weiter: „Hilm macht mit seinem kleinen Schauspiel weiter, als ob er sagen wollte: ‚Puh, ich hab grade richtig Angst.’“ Wenn Hilm bluffen würde, würde er vermutlich alles daran setzen, Normalität und Selbstsicherheit zu vermitteln. Vor allen Dingen wollen bluffende Spieler als „normal“ angesehen werden – man soll ihnen ihre Nervosität nicht anmerken.
Nguyen warf seine Hand nach dem Shove in den Muck.
Ausgelassenes Verhalten und lockeres Lächeln
Während des WSOP Main Events 2006 war Jamie Gold sehr gesprächig und er brachte seine Mitspieler regelmäßig dazu, die falsche Entscheidung zu treffen. Viele Leute haben sich auf Golds Table-Talk versteift, um herauszufinden, ob er gerade lügt oder die Wahrheit sagt, was seine Handstärke betrifft.
Viel wichtiger bei seinem Verhalten war allerdings:
- Wie ausgelassen und verspielt wirkte er in einer Hand?
- Wie gesprächig war er?
- Wie ehrlich war sein Lächeln?
In der ersten Hand, die im Video-Clip gezeigt wird, können Sie sehen, dass Gold sich sehr ausgelassen, verspielt und freundlich gibt, während er sein Set bettet. In der zweiten Hand, in der er blufft, ist er dagegen eher kurz angebunden, kleinlaut und er wirkt beunruhigt. Dieses Muster ließ sich immer wieder bei Gold beobachten. Auch wenn er beim Table-Talk sehr geschickt vorgehen konnte, waren die Qualität des Table-Talks und sein Verhalten im Allgemeinen oftmals alles andere als ausgewogen.
Schauen Sie sich dieses YouTube-Video von mir an, in dem ich Golds Verhalten noch ausführlicher untersucht habe.
Die Hole Cards vor einer Bet nochmal anschauen
Die Clips im obigen Video stammen vom WSOP Main Event 2015. Das interessante Verhalten ist hier, dass Pierre Neuville seine Hole Cards nochmal kontrolliert, bevor er seine Bet spielt.
Das kann theoretisch darauf hindeuten, dass ein Spieler eine seiner Hole Cards einfach vergessen hat. Oberflächlich betrachtet könnte man annehmen, dass Spieler mit einer starken Hand keinen Grund haben, nochmal auf ihre Hole Cards zu schauen, weil sie wissen, dass sie eine starke Hand getroffen haben. Bluffende Spieler wissen instinktiv, dass dieses Verhalten so wahrgenommen werden könnte und daher ist es unwahrscheinlich, dass sie sich ihre Hole Cards zweimal anschauen werden, bevor sie zum Bluff ansetzen. Jemand, der blufft, will seinem Gegner kein Gefühl von Unsicherheit vermitteln, was die eigene Hand angeht. Folgerichtig können wir annehmen, dass in der Regel nur Spieler, die eine starke Hand haben, vor einer großen Postflop-Bet, ihre Hole Cards kontrollieren.
Noch ein paar abschließende Worte:
- Wie bei allen Poker-Tells gilt: Die Situation ist von Bedeutung. In diesem Fall geht es um das nochmalige Kontrollieren der Hole Cards vor einer großen Postflop-Bet. Wenn ein Spieler in anderen Situationen einen zweiten Blick auf seine Hole Cards riskiert, kann das eine andere oder gar keine Bedeutung haben.
- Wie bei vielen Tells, die eine starke Hand aufzeigen, deutet dieses Verhalten nicht zwingend an, dass ein Spieler eine super-starke Hand haben muss. Viele dieser Tells machen Bluffs einfach nur weniger wahrscheinlich. In der zweiten Hand im Clip weiter oben hatte Neuville ein mittelprächtiges Top-Pair – das ist weit von den Nuts entfernt. Die Haupterkenntnis besteht darin, dass es unwahrscheinlich wäre, dass er sich seine Hole Cards zweimal anschauen würde, wenn er mit Air betten würde.
Zachary Elwood hat ein neues Buch, Exploiting Poker Tells, erhältlich im Ebook Format auf dieser Seite oder bei Amazon. Er bringt ausserdem eine Poker Tells Video Serie.
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