Poker und Sport-Psychologie Teil 1

Als ich meinen Freunden und meiner Familie erzählte, dass ich mir Unterstützung bei einem Sport-Psychologen nehmen möchte, erntete ich nur ein müdes Lächeln. Ich bin meilenweit davon entfernt sportlich zu sein und benötige eigentlich einen
Sport-Psychologen genauso notwendig, wie einen Leibwächter oder ein Stunt Double.
Aber Poker ist halt was ganz anderes, dort sind alle irgendwie gleich und man kann sich mit den Besten messen und hat dabei sogar eine realistische Chance diese zu besiegen. Egal ob man Poker jetzt als Sport bezeichnen möchte oder nicht, ein
Sport-Psychologe kann durchaus hilfreich sein. Obwohl Poker eigentlich ein Spiel ist, welches auf mathematischen Grundlagen basiert, führen die Elemente Gambling, Geld, Aggressionen, Ego und Wettkampf oft dazu, dass man sich von seinen Emotionen leiten lässt und deswegen falsche Entscheidungen trifft.
Die letzten 12 Monate waren sehr hart für mich. Ich hatte eine Pechsträhne und dachte schon ich wäre der Spieler mit dem wenigsten Glück auf diesem Planeten. Es lief schon längere Zeit überaus schlecht für mich, ich rannte immer wieder in Big
Hands und musste Bad Beats hinnehmen. Ich war an einem Punkt angelangt, an welchem ich jedes Mal, wenn ich Geld in die Tischmitte schob, grundsätzlich davon ausging sowieso Pech zu haben, was meine Art zu spielen natürlich ebenfalls beeinflusste.
Ich wollte nicht soviel Risiken eingehen, wollte immer versuchen die Pot-Kontrolle zu übernehmen und versuchte mir Showdowns billig anzusehen. Ich war als Spieler irgendwie träge geworden und suchte nicht nach Wegen, um mein Spiel abseits vom Spieltisch verbessern zu können.
“Du weisst schon, daß alles, was Du mir gerade erzählt hast, kompletter Unsinn ist?“ sagte mein Game Psychologe Jared Tendler während unserem ersten Treffen. Mit dieser Aussage hatte ich nicht gerechnet, ich hatte vielmehr erwartet, dass wir zusammen erfolgreiche Momente visualisieren würden, oder so etwas ähnliches machen würden, wie man es ab und an bei den Psychologen im TV beobachten kann.
Aber genau dies Tat Tendler nicht, er ist ein qualifizierter Psychologe und er sagte mir wo ich stand, was ich am Pokertisch und in anderen Lebensbereichen tue. Menschen neigen dazu, die gleichen Fehler immer wieder zu begehen und es ist Tendlers Job mir zu zeigen warum ich das tue, was ich tue und mir dabei zu helfen, meine Verhaltensweisen zu ändern.
Wir entdeckten schließlich 3 Probleme, welche in Abhängigkeit untereinander standen.
Erstens hatte ich eine Opfermentalität; ich nahm immer an, dass ich weniger Glück als andere Spieler hätte und ich in irgendeiner Art und Weise verflucht wäre. Das zweite Problem bestand darin, dass ich mich plötzlich davor fürchtete Risiken am
Spieltisch einzugehen, ich wollte in jeder Situation den sicheren Weg gehen und sicherstellen keine große Varianz in Kauf nehmen zu müssen. Letztendlich nahm ich mir außerdem abseits vom Spieltisch zuwenig Zeit, um dazu zu lernen und mein Spiel zu verbessern.
Es war klar zu erkennen, dass meine Opfermentalität in Zusammenhang mit meiner Abneigung im Bezug auf Risken stand, ich war allerdings überrascht, als Jared mir mitteilte, dass meine Faulheit abseits vom Spieltisch ebenfalls in direktem Zusammenhang damit stand. Er erklärte mir, dass ich meinen Unwillen dazu zu lernen, dadurch entschuldigte, daß ich annahm, sowieso kein Glück zu haben. Ich war einfach der Meinung, dass ich meinen Spielskill nicht verbessern muss, da ich sowieso kein
Glück hätte.
Er hatte Recht und mir ging ein Licht auf. Obwohl ich anfänglich noch skeptisch war, hatte er mich nun überzeugt.
Anstatt mich nun Mental komplett umzuprogrammieren, empfahl mir Jared folgendes:
Jedes Mal wenn ich spiele, sollte ich kleine Veränderungen an meinem Spiel vornehmen.
Keine unglaublichen Experimente, sondern nur kleine Veränderungen. Um meine Abneigung gegen Risiken zu bekämpfen, sollte ich mir jedes Mal Notizen machen, wenn ich in eine entsprechende Situation komme. Dadurch sollte ich ein Verständnis entwickeln, warum ich mich so davor fürchte Risiken einzugehen.
Ein weiteres Beispiel für kleine Veränderungen, im Bezug auf meinen Unwillen meinen Spiel-Skill abseits vom Spieltisch zu verbessern, war die Tatsache, daß ich mir nicht die richtigen Situationen aussuchte, an welchen ich arbeiten müsste.
Normalerweise würde ich mir meine besten Gewinn-Hände oder meine schlimmsten Verlierer-Hände aussuchen und diese analysieren. Jared sagte mir aber, dass diese Vorgehensweise falsch ist. Da diese Hände meisten Standard Hände wären und man aus diesen Händen nicht viel lernen kann. Wenn ich mir nur diese Hände aussuche und diese analysiere, würde dies meine schlechten Verhaltenweisen nur verstärken, durch die Analyse von einzelnen Händen würde ich mir selbst noch mehr einreden ich wäre besser, schlechter oder hätte weniger Glück.
Viel besser wäre es, zu jeder Hand, bei welcher ich mich unwohl fühle oder welche mich aufregt, eine Notiz zu machen. Aus diesen Händen könnte ich etwas lernen, obwohl es sich dabei mit Sicherheit nicht nur um Hände handelt, bei welchen eine Menge Geld in der Tischmitte liegt. Anstatt die Art und Weise zu ändern, wie ich Poker spiele, muss ich den Weg ändern, wie ich lerne und es mir ermöglichen mehr Wissen aus einer Session zu ziehen.
So, nun weiss ich, was sich negativ auf mein Spiel ausgewirkt hat und ich weiss, was ich dagegen tun muss. Ich muss die Ratschläge jetzt nur noch in der Praxis umsetzen…
Lesen Sie demnächst Teil 2 auf DE.PokerNews.com.