Häufige Situationen bei 6-max Limit Hold'em

In diesem Artikel möchten wir auf häufige Situationen eingehen, welche man bei 6-max Limit Holdem Games antreffen kann. Dafür werde ich Ihnen einige Beispielhände präsentieren. In diesem Artikel gehen wir davon aus, daß wir in hinterer Position raisen. In der ersten Hand haben wir die Initiative, aber verpassen den Flop. In der zweiten Hand erhalten wir (Hero) von unserem Gegenspieler (GS) einen Re-Raise und unser GS hat die Initiative. In dieser Situation floppen wir ein kleines Paar.
Die Strategie nach dem Flop ist folgendermaßen: Wir setzen/raisen unsere guten Hände und mischen das ganze mit einer Anzahl (Semi-) Bluffs. Mit marginalen Händen versuchen wir den Showdown so billig wie möglich zu bekommen. Das bedeutet, wenn wir ein kleines Paar haben (oder Ass hoch), raisen wir nicht, Folden aber auch nicht. Wenn wir den Flop komplett verpassen, setzen wir nichts mehr in den Pot oder Folden (es sei denn wir möchten mit dieser Hand bluffen). Außerdem werden wir immer einen Contibet machen, wenn wir nur gegen einen Gegenspieler spielen, egal ob wir auf dem Flop etwas getroffen haben, oder nicht.
Hand 1
Wir sitzen im Cutoff mit . Jeder foldet zu uns und wir eröffnen mit einem Raise. Der Button und der Small Blind folden und der Big Blind callt.
Preflop: Hero ist CO mit (6 Spieler)
2 foldet, Hero Raist , 2 foldet, BB callt.
Flop: (4.5 SB) (2 Spieler)
BB checkt, Hero bets, BB callt.
Wir haben zwar den Flop verpasst, hier ist die Chance allerdings sehr groß, daß unser GS den Flop ebenfalls verpasst hat. Der Pot ist nun 4,5 Small Bets hoch. Wenn wir setzen (was in diesem Fall ein Bluff wäre) , investieren wie 1 Small Bet, um 4,5 Small Bets gewinnen zu können. Sagen wir mal, wir setzen und der GS foldet sofort in 20% der Fälle. Nehmen wir weiterhin an, daß der GS immer gewinnen würde, wenn er callt. Dann würden wir in 20% der Fälle 4,5 Small Bets gewinnen und in 80% der Fälle 1 Small Bet verlieren. Der Gesamt-EV (Expected Value) ist hier 0,2 * 4,4 SB + 0,8 * - 1SB = +0,1 Small Bets.
Wir werden natürlich in der Realität nicht jedes Mal verlieren, wenn der GS am Flop callt. Manchmal treffen wir einen König oder einen Buben auf dem Turn oder auf dem River, manchmal werden wir eine runner-runner Straight bekommen und manchmal haben wir einfach die beste Hand. Das bedeutet, daß der Gesamt-EV für einen Einsatz auf dem Flop auf jeden Fall etwas höher ist. Außerdem muss unser GS eine Menge Hände callen, wenn er nur in 20% der Fälle foldet. Die wichtige Schlussfolgerung daraus ist, daß man immer einen Conti-Bet machen sollte, wenn man nur gegen einen Gegenspieler spielt.
Man kann kalkulieren, wie oft der GS Folden muss, um dieses Spiel profitable zu machen. Man errechnet dies durch die Formel 1/ (P+1), wobei P die Höhe des Potts ist. In diesem Fall wäre dies 1/(4,5+1) ~ 0,18 bzw. 18%.
Turn: (3.25 BB) (2 Spieler)
BB checkt, Hero checkt.
Unser Bluff auf dem Flop war nicht erfolgreich. Nun müssen wir entscheiden, ob es Sinn macht erneut zu Bluffen. Bei einer Potthöhe von 3,25 Big Bets, muss der GS in 1/(3,25+1) ~ 23% der Fälle folden. Das Problem ist, daß er den Flop gecallt hat und man deswegen annehmen kann, daß er eine Hand hat, welche er nicht oft genug folden wird. Die beste Option in dieser Situation ist zu checken und zu hoffen, daß man am River etwas trifft
River:[/B] (5.25 BB) (2 Spieler)
BB bets , Hero foldet.
Unglücklicherweise haben wir auf dem River nichts getroffen und halten nun nur König hoch. GS setzt und wir müssen entscheiden, ob wir callen oder folden. GS könnte in dieser Situation auch einen Draw verpasst haben. Das Problem mit dem Callen ist, daß das Checken am Turn und dann das Callen am River ein allgemein bekannter Spielzug ist, welcher als "Value-Check" bezeichnet wird. Deshalb erwartet der GS von uns irgendwie, daß wir am River callen, er wird also nicht allzu motiviert sein in dieser Situation zu bluffen.
Außerdem gibt es in dieser Situation auch nicht viele Hände, mit welchen unser GS bluffen könnte. Wenn er seinen Flush Draw verpasst hat, hätte er am Flop vielleicht ein Check-Raise gemacht. Mit welcher anderen Hand könnte er am Flop callen, welche unseren König hoch nicht besiegen könnte? Wir verlieren gegen jedes Paar. Er könnte durchaus ein Paar getroffen haben oder durch die auf dem Turn sogar eine Straight haben.
Wenn man dies alles bedenkt, ist in dieser Situation ein Fold die einzige richtige Entscheidung.
Einige Beobachtungen:
Erstens ist es notwendig regelmäßig am Turn zu bluffen. Wenn wir dies nicht tun werden wir extrem vorhersehbar. Mit einer Hand, wie z.B. KJo ist es besser an dieser Stelle zu checken, aber Hände wie Flush Draws, J9, J7 sollten wir regelmäßig (semi-) bluffen.
Wir können uns auch entscheiden den River einfach zu callen um zu vermeiden, daß man aus einem Pot geblufft wird. Wir folden KJo hier, da falls wir mit der Hand callen, wir auch mit Händen wie KQ, A2 usw callen müssten. Dadurch würden wir zu oft callen. Wir callen am River mit AK, AQ und AJ sollten aber jede Hand folden, welche schlechter ist. Manchmal werden wir aus dem Pot geblufft werden, da dies ist eine essentielle Komponente bei jeder Strategie ist.
Hand 2:
In dieser Hand sind wir der Preflop Raiser und eröffnen mit 96s vom Cutoff. Nur der Spieler im Small Bet macht einen 3-Bet.
Preflop: Hero ist CO mit (6 Spieler)
2 Foldet, Hero raist, Button foldet, SB 3-bets, BB foldet, Hero callt.
Dieses Preflop Raise erscheint zwar ein wenig loose, ist aber immer noch OK. Ich hatte einen sehr guten Read auf den Spieler am Button, welcher sehr loose spielt, ein Fold wäre sicher die bessere Option. Wenn wir mit dieser Hand raisen, können wir auf mehreren Wegen Bets gewinnen. Erstens gewinnen wir wenn jeder andere Preflop foldet, was natürlich die beste Möglichkeit wäre. Wir können außerdem gewinnen, wenn irgendein Spieler callt und dann nach unserem C-Bet am Flop foldet. Außerdem könnten wir ja auch einfach die beste Hand am Flop treffen.
Nun hat uns aber der Spieler im Small Blind einen Reraise verpasst. Da wir 6:1 Odds haben, sollten wir diesen 3-Bet Preflop callen, sogar mit Händen, wie 72o. Bei Limit Holdem ist es eigentlich immer korrekt, ein Reraise zu callen, wenn man nur einen weiteren Bet investieren muss. Man sollte aber bedenken, daß die Hand des Re-Raisers in dieser Situation mit großer Wahrscheinlichkeit wesentlich besser ist, als 96s. Deshalb sollten wir nach dem Flop nicht zu verbissen sein und einfach versuchen die Hand doch noch irgendwie zu gewinnen. Seine Hand ist besser, deshalb wird er unter normalen Umständen diese Hand gewinnen. Wenn wir den Flop verpassen, sollten wir also auf jeden Fall folden.
Flop: (7 SB) (2 Spieler)
SB bets , Hero callt.
Nicht wirklich ein guter Flop, aber wir haben getroffen. Oft hat man nun in dieser Situation die beste Hand. GS könnte z.B. Overcards wie AK, KJ oder AJ haben oder er hat ein kleines Paar wie 4-4 oder 5-5 auf der Hand. Deshalb besteht in dieser Situation eine Wahrscheinlichkeit, daß wir die beste Hand haben und wir haben außerdem bei einem Call Pott Odds von 8:1, deshalb wäre ein Fold an dieser Stelle nicht sehr sinnvoll. Wir müssen nun entscheiden, ob wir raisen oder callen.
Für ein Raise sprechen einige Gründe. Wir raisen, weil wir der Meinung sind, die beste Hand zu haben. Wenn wir annehmen, daß unser GS die Top 15% Hände spielt (77+,A7s+,K9s+,QTs+,JTs,ATo+,KTo+,QJo), haben wir eine 55% Equity. Wir können hier allerdings kein Value Raise machen, da GS seine schlechten Hände folden könnte und uns weniger Equity gegen die Range mit welcher er sich den Turn ansehen würde, geben wird. Er könnte uns auch re-raisen, wodurch wir mehr Geld gegen eine bessere Hand verlieren würden. Der zweite Grund zum Raisen wäre die Sache mit den Informationen. Die Reaktion unseres GS könnte uns zeigen, ob er eine gute oder eine schlechte Hand hat und wie wir entsprechend reagieren müssen, indem wir die Hand z.B. folden.
Das Problem ist jedoch, ob wir der Information, welche wir von unserem GS erhalten, trauen können. Er könnte uns relativ einfach mit Karten wie z.B. AK oder 8-9 re-raisen. Warum also sollte man einen Bet investieren, um Informationen zu erhalten, welchen man sowieso nicht vertrauen kann? Der dritte Grund zum Raisen besteht darin, unsere Hand zu schützen. Das Problem ist aber, daß unser GS für seinen Call am Flop Pot Odds von 10:1 hat. Deshalb wird er eine Hand, welche irgendeine Gewinnchance hat (z.B. AK, QJ, J9, A9) an dieser Stelle niemals folden. Wir haben also keine Möglichkeit zu verhindern, daß unser GS eine bessere Hand treffen könnte, aber wir können dafür sorgen, daß er etwas bezahlen muss, wenn er eine weitere Karte sehen möchte. Außerdem könnte er in diesem Moment ja auch die beste Hand halten, was dazu führen würde, daß wir der Spieler sind, welcher bezahlen muss, wenn er noch eine weitere Karte sehen will, um etwas zu treffen. Der GS wird eventuell eine große Handrange am Turn folden, wenn er nichts trifft und wir weiterhin setzen, wird aber mit Händen wie A-K weiterhin callen.
Wenn Sie darüber nachdenken, Ihre Hand zu schützen, sollten Sie sich immer überlegen was es Sie kostet Ihre Hand zu schützen und wie viel Schutz Ihnen ein zusätzlicher Bet in dieser Situation bringt.
In dem wir den Flop einfach nur callen, vermeiden wir daß wir zusätzliches Geld gegen eine bessere Hand verlieren könnten. Wir geben unserem GS die Möglichkeit am Turn oder am River zu bluffen. Unsere Hand ist zu stark zum Folden, aber auch zu schwach zum Raisen. Deshalb ist ein Call in dieser Situation die einzige Option.
Man kann diese Vorgehensweise auch als eine Art Pot-Control ansehen. Im Allgemeinen ist ein Bet pro Street genug, wenn man das zweithöchste Paar hat. Wenn mehr Bets in den Pot kommen, steigen die Chancen, daß Sie mit Ihrer Hand hinten liegen. Betrachten wir es mal von der anderen Seite; welche Hand, die schlechter ist als Ihre Hand, wird mehr als einen Bet pro Street bezahlen? Es ist nicht vernünftig mehr Geld in den Pot zu bringen, als Ihre Hand wert ist.
Wenn wir raisen und ein Re-Raise erhalten, verlieren wir 1,5 Bets. Das Flop Re-Raise werden wir mit Sicherheit callen, da die Odds 12:1 betragen. Wenn wir jetzt am Turn folden, könnten wir immer noch die beste Hand folden und außerdem die Chance verpassen auf dem River noch etwas zu treffen. Wenn wir am Flop, am Turn und am River nur callen, benötigen wir nur einen zusätzlichen Big Bet, da wir aber nicht folden, können wir sicher sein, daß wir nicht doch noch die bessere Hand gefoldet haben. Außerdem haben wir somit weiterhin die Chance etwas auf dem River zu treffen. Falls wir etwas treffen sollten, können wir immer noch Raisen, da wir dadurch zusätzliche Implied Odds erhalten. Mit anderen Worte – wir entscheiden wie hoch der Pot wird. Wenn wir raisen, sorgt dies immer dafür daß der Pot höher wird.
Turn: (4.5 BB) (2 Spieler)
SB bets, Hero callt.
Keine so schlechte Karte am Turn, da wir nun ein Paar und einen Flush Draw haben. Davon abgesehen hat sich aber nicht viel verändert. Wer auch immer die beste Hand auf dem Flop hatte, hat nun auf dem Turn mit großer Wahrscheinlichkeit immer noch die beste Hand. Es gibt also keinen Grund zu raisen. Wenn unser GS z.B. A-T hätte, würden wir 14 Outs haben, wodurch wir eine Equity von ca. 14* 2,2 = 30,2% erhalten würden. Wenn er eine schlechte Hand hat, ist die Chance natürlich groß, daß er bei einem Raise foldet. Mit den meisten zu diesem Zeitpunkt schlechteren Händen (z.B. A-K) wird er in dieser Situation checken, da er am Turn nicht geraist werden möchte.
Ein Raise, um einen Gratis-Showdown zu bekommen, macht hier keinen Sinn, da wir von einer schlechteren Hand sowieso keine weiteren Bets mehr gewinnen werden. Wir können am River immer noch raisen, wenn wir ein Runner-Runner Flush bekommen sollten. Unser GS wird eine gute Hand sowieso nicht folden, so daß unser Bluff-Potenzial gleich Null ist. Der Nachteil beim Raisen ist, daß wir ein Re-Raise sowieso callen müssten. Wenn wir am River folden, würden wir 3 Bets verlieren. Wenn wir callen und später die Hand nicht gewinnen, verlieren wir nur 2 Bets und gewinnen 3 Bets, wenn wir auf dem River etwas treffen.
River: (6.5 BB) (2 Spieler)
SB bets, Hero raist, SB callt.
Jackpot. Darauf haben wir gehofft. Wir verlieren nur, wenn unser GS eine Straight, ein Set oder besser als zwei Paar ist. Nun schlagen wir aber Hände wie AA, KK ,AT usw. Da wir in dieser Situation meistens die beste Hand haben und unser Gegenspieler uns auch oft mit schlechteren Händen in dieser Situationen callen oder raisen wird, können wir ohne Bedenken raisen. Vielleicht werden wir letztendlich dann doch noch 3 Bets verlieren, aber wir werden öfters einen extra Bet gegen Hände wie z.B. AA gewinnen.
Wenn am River jetzt z.B. gekommen wäre, sollten wir nur callen. Wir haben immer noch Pott Odds von 7,5:1 hier, was bedeutet, daß wir diese Hand nur in 1/(7,5+1) ~ 12% der Fälle gewinnen müssen.
Die generelle Strategie besteht darin nicht auf dem Flop zu folden, falls man eine marginale Hand auf dem Flop hat. Außerdem sollte man dafür sorgen, daß der Pot nicht zu groß wird. Callen wird oft als Schwäche angesehen, ist aber gleichzeitig ein wichtiger Bestandteil jeder gut durchdachten Gewinnstrategie.