PokerNews Interview: Viktor 'Isildur1' Blom kehrt zu den Poker Basics zurück

Viktor "Isildur1" Blom

Bei Google ist er einer der meistgesuchten Spieler, aber er gibt selten Interviews. Er ist ein bisschen schüchtern, aber an den Tischen waltet er furchtlos wie eine Naturgewalt. Viktor „Isildur1“ Blom ist ein Phänomen – daran besteht kein Zweifel.

2009 tauchte er plötzlich an den Online-Tischen auf und spielte bei Full Tilt Poker gegen jeden, der es mit ihm aufnehmen wollte. An mehreren Tischen versuchte er sich – gleichzeitig wohlgemerkt – an Phil Ivey, Tom Dwan und Patrik Antonius. Blom musste noch nie dagewesene Swings überstehen, die auch niemand mehr danach durchleben musste. Railbirds saßen wie gefesselt vor ihren Bildschirmen, High-Stakes-Poker war ihr täglich Brot.

Es gibt noch andere Online-Phänomene, aber keines hatte so lange Bestand wie Blom, der immer wieder kleinere Heater erwischen sollte. Die Downswings kurz darauf waren fast immer garantiert. Er wurde von PokerStars unter Vertrag genommen, kehrte später zu Full Tilt Poker zurück und machte sogar an den Live-Tischen eine gute Figur: 2012 konnte er das PCA $100.000 High Roller für sich entscheiden. Zuletzt wurde er beim Tragen einer Unibet-Plakette erwischt.

In den letzten Jahren ließ Blom es etwas ruhiger angehen. Live hat er in dieser Zeit kaum gespielt. 2016 war auch online kein gutes Jahr, aber 2017 zählt er bislang zu den Gewinnern.

Am vergangenen Mittwoch hat Blom am Battle Royale Sit & Go teilgenommen, dass der schwedische Wettanbieter Unibet in London veranstaltet hatte. Als wir Blom das letzte Mal live gesehen haben, spielte er in einem Unibet-Cashgame und er hat sich sogar an einigen Live-Streams auf Twitch versucht.

Die Beziehung zwischen Unibet und Blom ist noch unklar, aber anscheinend sind sich beide Seiten sympathisch. Sie müssen sich noch darüber klarwerden, was sie voneinander wollen, aber alles sieht vielversprechend aus. Blom hat Spaß daran, mit dem Poker-Team von Unibet abzuhängen – an den Tischen des Unibet Open Main Events und auf der Unibet Player Party hatte er immer ein Lächeln auf den Lippen.

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Viktor Blom beim Unibet Open London Main Event

Da Full Tilt Poker keine High-Stakes-Spiele mehr anbietet, finden die meisten Partien inzwischen bei PokerStars statt. Blom gehört immer noch zu den regulären Spielern, aber es kommt lange nicht mehr so viel High-Stakes-Action zustande wie früher.

„Online ist wirklich viel weniger geworden,“ sagte Blom. „Ich habe ein bisschen gespielt, aber die Spiele waren nicht gut.“

Für manch einen mag es seltsam erscheinen, dass Blom bei einem relativ kleinen Event wie der Unibet Open mitspielt, aber er sieht das anders.

„Hier herrscht eine gute Stimmung und Atmosphäre und ich habe einfach nur Spaß,“ sagte Blom. „Ich lasse es mir gut gehen. Die Leute, mit denen ich hier zusammensitze, spielen anders als ich es gewohnt bin und das ist gut.“

Blom hat einige Zeit in London gelebt, aber am Ende ist er wieder in die schwedische Heimat zurückgekehrt. Zur Unibet Open war er gekommen, um Spaß zu haben, Poker zu spielen und ein paar Drinks zu genießen. Er hatte einige Freunde mitgebracht und ließ sich auch mit dem Unibet-Team häufiger blicken.

„Ich glaube, dass man beim Spielen mehr als beim Lernen lernt.“

Als Blom in London gelebt hat, hat er sehr viel gespielt – allerdings nicht immer sein A-Game. Er gibt zu, dass er von Zeit zu Zeit ein paar Partys zu viel gefeiert hat.

Das ist Blom mehr als einmal passiert.

„Ich habe mich gebessert, seit ich nach Schweden zurückgezogen bin,“ sagte Blom. Jetzt lebt er in einer Kleinstadt, in der es keine Nachtclubs oder Straßenzüge mit Bars gibt. „Es ist ein bisschen einfacher geworden, mich auf mein Spiel zu konzentrieren, aber ich arbeite immer noch an einer Menge Sachen.“

Wenn Blom sagt, dass er an einer Menge Sachen arbeitet, benutzt er nicht etwa Software, um Fehler in seinem Spiel zu finden – genauso wenig schraubt er wie wild an seinem HUD, um seine Gegner besser einschätzen zu können.

„Nein, das habe ich nie gemacht,“ sagte Blom. „Wenn ich sage, dass ich lerne, spiele ich eine lange Session und denke über einige Pots genauer nach. Wenn ich einen großen Pot verliere, versuche ich herauszufinden, was ich falsch gemacht habe.“

Bei Blom bedeutet das nicht, dass er Simulationen durchführt oder eine gigantische Datenbank nach ähnlichen Händen durchsucht. Blom erledigt diese Dinge hauptsächlich in seinem Kopf und spielt dabei alle möglichen Entscheidungen und Ausgänge einer Hand gedanklich durch.

„Wenn ich zum Beispiel im Zug sitze, kann es passieren, dass ich an eine Hand denken muss,“ sagte er. „Ich denke manchmal über verschiedene Situationen nach, aber ich habe nie ernsthaft gelernt oder mir ein Video angeschaut oder irgendwas. Keine Software benutzt, nichts dergleichen. Aber ich spiele viel und ich glaube, dass man beim Spielen mehr als beim Lernen lernt.“

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Auch wenn er nicht daran glaubt, dass ihm das Durchforsten von Datenbanken und das Nutzen anderer Tools weiterhilft, um Wissenslücken zu stopfen, arbeitet er trotzdem an seinem Spiel.

„Ich versuche, mir wieder einen guten Rhythmus anzueignen,“ sagte er. „Ich versuche, wieder in Form zu kommen und sowas. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist, wenn man lange Sessions spielt.“

Also keine Partys mehr jeden Tag in London, sondern zurück an die Tische in Schweden – weniger Alkohol und mehr Training.

„Ein bisschen weniger davon, ein bisschen mehr Training,“ sagte Blom mit einem großen Grinsen. „Es ist gut, dass ich wieder in Schweden wohne – hier kann ich nicht so leicht abgelenkt werden. Der Ort ist wirklich klein: Keine Clubs, keine Bars, nichts mehr dergleichen. Ich genieße die Zeit einfach mit Freunden und meiner Familie und gehe nur noch selten auf Partys. Früher habe ich sehr häufig Partys gefeiert, aber ich habe das reduziert.“

Der Sommer könnte diesen Vorsätzen einen Strich durch die Rechnung machen. Mitte Juni sieht es in Schweden so aus, als ob die Sonne nie untergeht. Tatsächlich geht sie in Nordschweden gar nicht und im Süden vielleicht für ein oder zwei Stunden unter. Für die Schweden ist das ein Grund zum Feiern. Freunde und Familien versammeln sich, um eine der ältesten schwedischen Traditionen aufleben zu lassen: das Mittsommerfest.

Für einen Typen in Bloms Alter bedeutet das Trinken bis zum Umfallen. Blom kann noch so viel trainieren und noch so sehr versuchen, in Form zu kommen, statt zu feiern, aber „Midsommar“ ist immer noch das Mittsommerfest.

„Im Sommer haben wir große, wirklich gute Partys. Wir werden also sehen,“ sagte Blom mit einem Grinsen im Gesicht, das verrät, dass er dem Partytreiben noch nicht Lebewohl gesagt hat.

Auch wenn die Online-Action Blom zufolge weniger geworden ist, weiß er nicht, was er dem Online-Pokern vorziehen sollte.

„Es hat sich so viel verändert, aber ich habe keine Ahnung, was ich sonst machen sollte,“ sagte er.

In Schweden müssen Spieler ihre Live-Gewinne hoch versteuern – daher ist das Live-Spielen für Blom keine attraktive Alternative.

„Wir haben gerade Februar, oder? Ich schmiede eigentlich nie große Pläne,“ antwortete er auf die Frage, ob er planen würde, häufiger live zu spielen.

Manche Pokerspieler richten ihr Jahr nach den Live-Events aus, aber Blom hat sie nicht einmal in seinem Kalender angestrichen. Tatsächlich besitzt er keinen Kalender. Trotzdem gibt es ein Event, das er dieses Jahr auf jeden Fall spielen will – mal abgesehen von weiteren Unibet-Events.

„Ich würde gerne das World Series of Poker Main Event spielen, weil ich es die letzten Jahre ausgelassen habe,“ sagte er. „Das ist ein Turnier, das ich in diesem Jahr gerne spielen würde.“

„Ich würde gerne das World Series of Poker Main Event spielen, weil ich es die letzten Jahre ausgelassen habe.“


Der Super High Roller Bowl – ein $250.000 Buy-in-Event, das im Vorfeld der World Series of Poker stattfinden wird, steht nicht auf Bloms Liste.

„Das Problem ist, dass ich hohe Steuern bezahlen müsste, falls ich spiele, weil ich jetzt in Schweden lebe,“ sagte Blom. „Wenn ich ein World Series-Event wie das Main Event spiele, ist das eine Sache, aber bei so einem Turnier ist das was anderes.“

Dafür hatte Blom beim Unibet Battle Royale Sit & Go allem Anschein nach Spaß mit den E-Sports-Spielern.

„Ja, das hat mir wirklich gut gefallen!“, sagte er.

Alan „hotted” Widmann, Sebastian „Forsen“ Fors und Thijs „ThijsNL“ Molendijk waren einige der Spieler, die am Tisch Platz genommen hatten. Alle können Erfolge im E-Sports-Bereich vorweisen und haben sich mit Blom in einem Spiel angelegt, in dem er sehr erfolgreich ist.

Auch wenn er normalerweise gegen die Besten der Besten spielt, saß er jetzt Spielern gegenüber, die deutlich weniger Erfahrung hatten.

„Es waren nicht wirklich Personen, mit denen ich normalerweise spiele – das war eine angenehme Veränderung,“ sagte er. „Viele verschiedene Charaktere und eine Menge Witze am Tisch. Die Atmosphäre gefiel mir sehr gut.“

Abgesehen von den E-Sports-Spielern durfte sich Blom auch gegen einige Unibet-Repräsentanten behaupten.

„Ich bekam kaum Hände und hatte im Handumdrehen nur noch fünf Big Blinds,“ sagte Blom. „Dann habe ich ein paar Flips gewonnen und war endlich im Spiel.“

Blom erreichte schließlich das Heads-Up gegen Charlotte Van Brabander. Die frühere belgische Counter-Strike-Spielern hat Poker professionell gespielt, konzentriert sich aktuell aber auf eine Karriere im Marketing- und Politik-Bereich.

Trotzdem repräsentiert sie immer noch Unibet und Unibet Open-Events und hat die letzten beiden Auflagen des Battle Royale, an denen sie teilgenommen hatte, gewonnen.

„Sie hat wirklich beeindruckend gespielt,“ lobte Blom Van Brabander. „Als wir nur noch zu dritt waren, hat sie das Tempo vorgegeben. Es war eine schnelle Struktur und sie hatte einen guten Plan. Sie hat gut gespielt.“

Van Brabander sollte auch dieses Battle Royale gewinnen – das dritte Mal in Folge.

Für den Sieg bekam Van Brabander £5.000 und Blom konnte £3.000 aus dem Freeroll herausziehen – genug Geld, um entweder ein paar Runden in den Bars in London zu schmeißen oder die Mitgliedschaft in einem schwedischen Fitnessclub 10 Jahre im Voraus zu bezahlen.

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Charlotte Van Brabander schlägt Viktor Blom bei der Battle Royale beim Unibet Open London

Fotos von Tambet Kask/Unibet Open

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