PokerNews Interview mit Katja Thater


Die WSOP Braceletgewinnerin Katja Thater stellte sich beim Bounty Turnier ihren Fans und sorgte für einen vergnüglichen Abend im Montesino in Wien. Die Cash Game Spezialistin aus Hamburg spielt seit 12 Jahren und liebt "abstruse" Pokervarianten. Wir haben Katja Thater zum Interview gebeten.
Hallo Katja, im berühmten Pokerstars Werbespot mit Boris Becker hältst Du alle Fäden in der Hand, wie fühlt es sich für Dich an bei einem Pokerturnier von über 300 Menschen gejagt zu werden?
Ehrlich gesagt, ist das kein so neues Gefühl für mich. Ich habe eigentlich oft den Eindruck, dass ich eine Bounty auf meinem Kopf habe. Viele meine Gegner wollen sehen, welche Karten ich in der Hand halte. Meine Fold Equity ist relativ gering, ich bekomme deutlich mehr Calls als andere Spieler. Insofern bin ich es irgendwie gewohnt, dass ich gejagt werde. Die Bounty auf meinen Kopf besteht im Prinzip seit ich PokerStars Pro bin.
Es gab tatsächlich einmal ein "Opfer", das sein Turnier gewonnen hat. Das war der österreichische Full Tilt Pro Erich Kollmann. Wie legst Du Deine Strategie an, um möglichst lange zu überleben?
Ich weiß, dass ich in einen Saal mit über 300 Leuten komme, die alle meinen Skalp wollen. Die Strategie wäre zu Hause zu bleiben oder da reinzugehen. Ich gehe da rein, aber was ich da letztendlich machen werde, wird sich erst zeigen. Ich weiß wir spielen Poker, Texas Hold´em und den Rest improvisiere ich. (lacht dabei)
Der Sieger des Main Events 2008, Peter Eastgate, hat gerade sein WSOP Bracelet auf Ebay versteigert und seine Pokerkarriere aufgegeben. Ist das für Dich nachvollziehbar?
Ich kann das total nachvollziehen. Wenn ein so junger Typ wie Peter Eastgate plötzlich so viel Geld zur Verfügung hat, warum sollte er die nächsten 70 Jahre immer das Gleiche machen? Warum soll er nicht mal etwas Anderes für sein Leben ausprobieren? Eastgate ist jetzt Mitte Zwanzig und mit seinem finanziellen Background steht ihm doch jetzt die Welt offen. Ich finde es wichtig, gerade wenn man so jung ist, sich für viele Dinge zu interessieren und nicht nur eindimensional zu leben. Am Ende verpasst man tolle Chancen und Gelegenheiten, nur weil man sie nicht ausprobiert hat.
Über die Versteigerung seines Bracelets kann man geteilter Meinung sein. Mein Bracelet ist auch nicht lebenswichtig für mich. Ich schlafe deswegen nicht besser, nur weil ich ein goldenes Armband im Schrank liegen habe. Verkaufen würde ich es persönlich jetzt nicht. Das impliziert immer so eine Art Abschied. Aber wer weiß schon Peter Eastgates private Gründe dafür? Vielleicht möchte er sich wirklich komplett vom Poker verabschieden und nicht nur aus der professionellen Ebene.
Stimmst du deine Turnierpläne mit Deinem Mann, Jan von Halle ab, oder versucht Ihr Euch am Pokertisch aus dem Weg zu gehen?
Ich spiele gar nicht so viele Turniere. In Las Vegas ist es etwas anderes. Das ist eine ausgewiesene Pokerzeit, da mache ich auch nichts anderes. Ansonsten spiele ich hin und wieder eine EPT oder was mir so unter die Flinte kommt. Das mache ich nach Lust und Laune. Ich bin übrigens auch zum ersten Mal hier im Montesino. Eigentlich bin ich Cash Game Spielerin und das auch noch am liebsten in Non-NLHE Varianten. Insofern muss ich mich nicht mit meinem Mann abstimmen. In Las Vegas sind wir zusammen unterwegs und versuchen natürlich so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen, da muss man sich eben arrangieren.
Wie spielt Ihr, wenn Ihr tatsächlich einmal auf einem Tisch aufeinander trefft?
Es ist uns schon öfters passiert, dass wir z.B: auch in einem großen Turnier mit 700 Teilnehmern am gleichen Tisch sitzen. Das ist eben Zufall, die Leute lachen dann und fragen: "Wie habt ihr denn das hingekriegt?" Wir spielen relativ straight forward gegeneinander und machen keine unnötigen Bluffs oder Moves. Es gibt genügend andere Spieler am Pokertisch mit denen man sich messen kann, das muss nicht unbedingt mein eigener Mann sein.
Wie hat sich die Pokerszene seit Deinem Einstieg verändert? Ist es für einen Pro schwieriger geworden gegen die Masse von Online Qualifikanten zu reüssieren?
Die Pokerszene ist einem ständigen Wandel unterworfen. Mal sind es die Online Qualifikanten, mal andere Einflüsse. NLHE ist generell aggressiver geworden, aber das waren nicht zuerst die Online Spieler sondern vorwiegend die Skandinavier, die diesen Trend ausgelöst haben. Die waren die Ersten, die mit einer blutigen Keule vom Schiff gesprungen sind und versucht haben anderen mit einem 4-Bet und 74o den Schädel einzuschlagen.
Als Spieler muss man sich halt immer wieder anpassen. Ich persönlich versuche dann antizyklisch, also gegen den Trend, zu spielen. Wenn es besonders aggressiv ist spielt man tight, wenn es besonders tight ist, dann spielt man eben aggressiv. Poker befindet sich in einem ständigen Wandel, weil der Mensch selber einem ständigen Wandel unterworfen ist.
Welche Tipps würdest du jungen Anfängern geben?
Ich möchte einem Anfänger überhaupt keinen Tipp geben, das müssen die alle schön selber rausfinden. Man kann ja schlecht einfach pauschal sagen "Spiel aggressiv", das wäre ja so als würde man einem Affen ein scharfes Rasiermesser in die Hand geben, der bringt sich ja selbst damit um.
Was hältst Du grundsätzlich von Ladies Events?
Oh Gott, da weigere ich mich wo ich nur kann. Ich habe zwar auf der WSOP beim Ladiesevent einen Finaltisch erreicht und bin unter 1.400 Spielerinnen 5. geworden, doch solche Turniere sind nichts für mich. Die ersten zwei Tage habe ich mir nur gedacht: "Was mache ich hier eigentlich?"
Ich spiele nicht gerne diese Events, das ist nicht die Art von Poker mit der ich aufgewachsen bin und kenne. Ich möchte keiner Frau auf den Schlips treten, aber meiner Erfahrung nach ist das oftmals ein komplett anderes Spiel. Die Sprache ist eine andere und es gibt einfach Verständigungsschwierigkeiten.
Poker Deutschland wird gerade von einigen tatsächlichen, bzw. möglichen Skandalen erschüttert, wie kommentierst du die Vorfälle?
Ich wundere mich, dass man sich wundert. Überall dort wo Menschen auf Geld oder Macht treffen kann es kritisch werden. Der Mensch hat nun einmal Eigenschaften, die solche Vorfälle entstehen lassen. Das ist leider schrecklich, aber wahr. Die Augen zu verschließen und jetzt überrascht zu tun finde ich fahrlässig. Es gibt da diesen schönen Satz: "Poker spiegelt das Leben wieder."
Betrug passiert doch leider überall, nicht nur beim Poker. Menschen versuchen sich einen unlauteren Vorteil zu verschaffen, andere zu überrollen, zu betrügen, das ist doch nichts Neues. Das passiert an der Börse bei Insidergeschäften, in der Wirtschaft, oder bei den Banken. Überall wo Geld im Spiel und der Mensch involviert ist passieren diese Dinge.
Ich habe in Tallin gespielt und kenne die involvierten Personen. Wobei die Story an sich ja nicht neu ist. Mir persönlich ist so etwas schon vor drei oder vier Jahren mit einem sehr bekannten Spieler selber passiert. Nachdem mir nicht mal der Floorman zur Hilfe gekommen ist, bin ich halt selber laut geworden und habe durch den Saal gebrüllt. Der Typ ist dann rausgelaufen und mir hat man anschließend gedroht. Letztendlich kannst du solche Vorfälle nicht verhindern, weil du die Menschen nicht verhindern kannst. Es ist traurig, dass so etwas passiert, es ist schlimm, aber man soll sich doch bitte nicht wundern.
Katja, vielen Dank für das Gespräch!
Gerne.
